Interview mit Michael Raab
Von Michael Raab, Initiator von „TRAIL‐MANIAK – pure Trail experience“
Michael Raab
Herr Raab, Sie sind begeisterter Trailrunner und Initiator von „TRAIL‐MANIAK – pure Trail experience“. Was hat man sich unter dem „Trailrunning“ vorzustellen?
Schnauze voll vom Asphalt? Die Lösung ist einfach und beginnt mit dem ersten Schritt abseits fester Wege. Doch was heute als Trendsportart bezeichnet wird, gibt es schon seit Urzeiten. Im letzten Jahrhundert hieß es Wald‐ und Wiesen‐ bzw. Crosslauf. Ein Trail ist einfach ein Weg über Stock und Stein, im extremsten Fall über Berge und durch Wüsten.
Seit wann ist das Trailrunning in Deutschland bzw. München populär und wie lange laufen Sie selber schon abseits der asphaltierten Straßen?
Ich bin im Kloster Schäftlarn zur Schule gegangen und da wir keine Laufbahn hatten, rannten wir im Wald und durch die Isarauen. Wenn es pressierte, dann liefen wir den Hang hinauf zur S‐Bahn nach Ebenhausen. Damals waren wir auf ganz natürliche Art und Weise das gesamte Jahr über in Form ;‐) Während in den USA, Frankreich und Spanien das Thema voll boomt, sind die Deutschen noch sehr zurückhaltend – auch München als super Outdoor-affine Stadt.
Sie haben 2013 einen Lauftreff in München ins Leben gerufen. Alle zwei Wochen am Samstag starten Sie mit ihrer Gruppe vom Gasthaus Siebenbrunn und folgen dabei den Isartrails nach Süden. Wie viele Sportlerinnen und Sportler nehmen durchschnittlich an Ihren Lauftreffs teil und was schätzen Sie, wie viele laufen zudem unorganisiert im Wald?
99,8 Prozent der Läufer bleiben auf den Forstwegen, da sie Angst vor Verletzungen im Gelände haben. Auf den Trails bewegt man sich bei jedem Schritt höchst konzentriert und voller Körperspannung und ist immer bereit, auf den wechselnden Untergrund zu reagieren. Aber genau deswegen bieten wir bei den Lauftreff immer zwei Gruppen an, damit man es einfach einmal ausprobieren kann und weder jemand über‐ noch unterfordert ist. Denn beim Trailrunning bleibt die Stoppuhr zu Hause, das Naturerlebnis steht im Vordergrund.
Eine wichtige Motivation für das Trailrunning ist vermutlich die Schönheit der Landschaft und die Vielfalt der Natur, in der man sich bewegt. Gibt es in ihrer Gruppe ein Bewusstsein dafür, dass gerade das Eindringen in wilde und noch wenig berührte Räume eben diese Vielfalt gefährden könnte, weil Tiere gestört und Lebensräume beeinträchtigt werden könnten?
Die zentrale Frage muss lauten: Wer bewegt sich wo und wie. Das zentrale Element in unserem Logo ist der Säbelzahntiger. Und genauso verhalten wir uns als Trailrunner: katzengleich auf ganz leisen Pfoten.
Der Landesbund für Vogelschutz in München vermutet, dass die intensive Freizeitnutzung auf den Isartrails durch Mountainbiker, Läufer sowie Spaziergänger mit Hunden verantwortlich dafür sein könnte, dass die Bestände bestimmter Vogelarten wie Waldlaubsänger, Gartengrasmücke oder Hohltaube zurückgehen. Wären Sie zu Einschränkungen bei der Auswahl der Wege bereit, falls dies aus Naturschutzgründen notwendig sein sollte?
Hmmmh, vermutet. Lassen Sie uns einen kompletten Bereich einzäunen, parallel Alternativen schaffen und dann feststellen: a) Erholen sich die Bestände wieder oder sind andere Gründe die Ursache für mögliche Bestandsrückgänge und b) wie sieht das Areal nach bestimmten Zeitabschnitten aus.
Herr Raab, Sie haben im November 2014 am ersten Beteiligtenworkshop im Projekt „NaturErholung Isartal“ teilgenommen. Wie war ihr Eindruck? Kann die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Interessensgruppen zum gewünschten Erfolg führen?
Ja, weil sich alle Beteiligten bereits zu Projektbeginn sehr konstruktiv, verständnisvoll und ergebnisoffen mit Ideen eingebracht haben. Allerdings war ich als pragmatischer Bürger erschrocken, wie viele Details und Vorschriften es zu beachten gilt, bis eine simpel erscheinende Lösung ihre mögliche Umsetzung finden kann, was wiederum wertvolle Ressourcen kostet.
Was würden Sie vorschlagen, um den Konflikt zwischen Naturschutz und Freizeitnutzung im Isartal zu entschärfen?
Mir gefällt der Ansatz von nordamerikanischen Skigebieten: Sie weisen bestimmte Flächen aus. Wer diese verlässt, ist dran. Aber das kollidiert wiederum mit dem in der bayerischen Verfassung zugesicherten Recht auf freien Zugang zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten. Meines Erachtens müssen für jede relevante Zielgruppe entsprechend ihrer Aktivität attraktive Wege und Trails angelegt und Flächen bereitgestellt werden, auf denen sie sich austoben dürfen und können. Aber dem steht wiederum die Verkehrssicherungspflicht entgegen. Und genau das macht den Prozess und die Arbeit des Projekts NaturErholung Isartal so komplex.
Am 21. Februar 2015 beginnt die Laufsaison der Trailrunner im Isartal. Welche Maßnahmen könnten Sie mit Ihrer Gruppe umsetzen, um die Tiere, Pflanzen und Lebensräume im Isartal möglichst wenig zu belasten?
Geben Sie uns eine Landkarte mit rot gekennzeichneten Flächen. Diese umgehen wir gerne und machen dafür ein paar Schritte mehr. Denn jeder von uns will sich auch in Zukunft am ökologisch intakten Isartal erfreuen, in der Freizeit hier entschleunigen und dabei die Vögel zwitschern hören.